Der Veganismus & ich
Im Januar habe ich den Veganuary mitgemacht und euch die gesamte vegane Woche lang durch meine Höhen und Tiefen mitgenommen. Teil 1 der Woche gibt es hier, Teil 2 hier.
Nun, nach rund 3 Monaten, wollte ich das im zweiten Teil versprochene Fazit mit euch teilen – denn dafür wollte ich mir genug Zeit geben, um zu überlegen, wie ich nun weitermachen möchte. Direkt nach der veganen Woche war für mich nämlich noch nicht ganz klar, ob/wie ich die vegane Ernährung in meinen Alltag einbinden kann und will. Ich spreche hier explizit nur von der Ernährung. Ich bin mir nämlich bewusst, dass ein komplett veganer Lebensstil weitaus mehr umfasst, als nur die Nahrung: Kleidung, Möbel, Kosmetik…all dies sind Punkte, bei denen Menschen, die vegan leben, ebenfalls komplett auf tierische Inhaltsstoffe und Bestandteile verzichten.
Food is medicine
Ich habe im Nachgang zum Veganuary dazu viele Podcasts gehört, Blogs und auch Bücher gelesen. Besonders eindrucksvoll fand ich in diesem Zusammenhang „How not to die“ von Dr. Michael Greger. Die englische Originalausgabe zu lesen ist keine leichte Kost (haha, Kost), aber dafür sehr interessant und aufschlussreich: In dem Buch beschreibt der Mediziner im ersten Teil die typischsten westlichen Krankheitsbilder wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Infektionen und Diabetes und erklärt, wie eine pflanzenbasierte Ernährung dazu beitragen kann, das Erkrankungsrisiko zu reduzieren und Beschwerden zu lindern. Im zweiten Teil empfiehlt er 12 Lebensmittel, sein sogenanntes „Daily Dozen“, die wir täglich zu uns nehmen sollten, um langfristig gesünder zu leben. Dazu gehören u. a. Bohnen, Beeren, Gemüse, Nüsse und Samen, Gewürze sowie Vollkornprodukte und Bewegung.
Wenn das Buch einen Untertitel hätte, wäre er für mich: „Food is medicine“. Ich glaube mittlerweile, dass darin sehr viel Wahrheit zu finden ist. „Was mache ich nun mit dem ganzen Wissen?“, dachte ich mir. Ich neige nämlich dazu, mir sehr viel Input zu einem Thema zu holen. Doch letztlich ist doch die Umsetzung das, wo es wirklich spannend wird.
Der Weg ist das Ziel
Es gibt sicher Menschen, die gehen all-in und von 0 auf 100: Alle Kleidungsstücke, Schuhe und Taschen, die aus Baumwolle, Wolle und Leder bestehen, weggeben. Alle Möbel austauschen, die Leder oder andere tierische Komponenten beinhalten. Jedes Kosmetikprodukt aussortieren, das nicht vegan ist. Als ich angefangen, mich mit dem Thema auseinander zu setzen, habe ich erstmal nicht schlecht gestaunt, wo überall tierische Produkte verwendet werden: Sogar Bananen können nicht vegan sein, weil ihre Schale oft mit einem Insektizid aus dem zerstoßenen Panzer von Garnelen überzogen wird, als Schutz vor Insektenbefall und frühzeitiger Reifung. WTF?
Ihr seht, man kann richtig viel überhaupt nicht richtig vegan machen. Ich glaube, aus diesem Grund gibt es in der Social-Medial-Bubble der Nachhaltigkeit und des Veganismus sicherlich ausreichend Potential für Shaming und Bashing. Die Messlatte und der Anspruch, alles perfekt und 100 % korrekt machen zu müssen, wird bei sehr vielen Menschen angelegt, die sagen, dass sie vegan essen und/oder leben. Das ist zumindest der Eindruck, den ich auf Instagram, aber auch im realen Leben, mitbekomme.
Also, was nun? Mit dem Anspruch, alles perfekt zu machen, kann man also quasi nur scheitern. Der Weg sollte das Ziel sein. Jede noch so kleine Änderung kann einen positiven Beitrag für unsere Welt leisten. Ich feiere meine Familienmitglieder, denn viele sind durch meine vegane Woche dazu übergegangen, hier und da vegane Gerichte einzubinden – und wenn es zum Beispiel nur alle zwei Wochen ist. Sie fragen nach Rezepten, von denen ich erzählt habe oder schicken Fotos von veganem Essen, dass sie gekocht haben. Ist das nicht hervorragend?
Wie integriere ich Veganismus in mein Leben?
Ich habe nach dem Veganuary beschlossen, dass ich meine Ernährung und meine Kosmetik pflanzenbasiert ausrichten will. Damit habe habe ich in den letzten Monaten nach und nach begonnen. Somit habe ich bei meiner Pflege und meinem Make-Up angefangen, alle nicht-veganen Produkte aufzubrauchen und vegane Kosmetik nachzukaufen. Hier bin ich (noch) nicht komplett vegan unterwegs. Das liegt daran, dass meine Haut anspruchsvoll ist (Mischhaut mit der Tendenz zu Unreinheiten) und ich daher froh bin, eine Pflege gefunden zu haben, die für mich funktioniert. Daher möchte ich nicht zuviel auf einmal umstellen.
Mein Kleiderschrank besteht ebenfalls noch aus den gleichen Kleidungsstücken, die ich auch vorher besessen habe. Ich trage noch meine geliebte Lederjacke, meine geliebten Wollpullover oder meine geliebten Dr. Martens. Ich achte zwar grundsätzlich mehr auf einen bewussten Konsum, aber dabei fokussiere ich aktuell mehr fair produzierte als rein vegane Kleidung.
Bei der Ernährung sieht es mittlerweile so aus, dass ich zu 70 % vegan und zu 95 % vegetarisch esse. 70% und 95 % – wie komme ich auf diese Werte? Ich habe einfach alle Mahlzeiten, die ich über die Woche verteilt esse, addiert und geschaut, wie viele davon vegan bzw. vegetarisch sind. Fleisch esse ich mittlerweile nur noch selten und Kuhmilch trinke ich schon seit fast einem Jahr nicht mehr.
Jedoch finden sich Käse (Parmesan oder Mozzarella) und Sahne noch gelegentlich in meinen Gerichten wieder. Zu behaupten, mir würde eine leckere Pizza mit Käse oder ein tolles Stück Kuchen mit Sahne nicht schmecken, wäre nicht ehrlich. Aber ich weiß und fühle mittlerweile, dass es viele Gründe für mich gibt, meinen Fokus mehr auf eine pflanzenbasierte Ernährung zu legen: Umwelt, Gesundheit, Ethik. Und ich fühle mich mit dieser Ernährung auch wirklich besser und fitter.
Ob ich den letzten Schritt zur Vegetarierin gehe oder irgendwann einen komplett veganen Lebensstil lebe, weiß ich nicht. Aber was ich weiß: Es ist ein Weg, der sehr interessant ist. Und ich bin gespannt, was noch alles kommen wird und was ich dabei noch lernen darf.
Wie sehr ihr das Thema Veganismus? Beschäftigt ihr euch viel mit eurer Ernährung?
8 Comments
Dorie
Wow, dass du so umgestiegen bist, ist stark.
Ich habe letztes Jahr während meiner Indienreise mich auch ganz viel mit dem Thema beschäftigt und lebe seitdem Vegetarisch. Na gut, eigentlich Pescetarisch, auch um meinen Mitmenschen nicht zu sehr auf den Wecker zu gehen. Ist nämlich manchmal gar nicht so leicht vegetarisch zu leben – von vegan mal ganz zu schweigen. Ich möchte aber jetzt, wenn ich wieder nur für mich koche und vor allem auch jetzt wo ich wieder in Ländern bin, wo Vegetarismus kein Fremdwort ist, wieder komplett vegetarisch leben. Ich bin auch der Meinung, dass wir keine tierischen Produkte brauchen, aber ich mag bisher nicht auf meine Eier, Joghurt und CO. verzichten. Vielleicht irgendwann. Jetzt erstmal den Fisch wieder weglassen.
Und alles raus zu werfen und weg zu geben und das wie eine Religion zu praktizieren – das finde ich sowieso übertrieben. Aber dennoch ein ganz wichtiges Thema und ich finde es toll, dass immer mehr Menschen umdenken.
So viel ganz ausführlich zu dem Thema von mir (du siehst, da hast du was getriggert 😀 ).
Ganz liebe Grüße und mach weiter so <3
Dorie von http://www.thedorie.com
Kulturblazer
Hi Dorie,
danke für deinen ausführlichen Bericht, darüber habe ich mich sehr gefreut! Ich verstehe auch nicht, wieso Menschen teilweise direkt so ablehnend oder genervt sind, wenn sie mitbekommen, dass man selbst vegetarisch oder vegan isst. Dabei äußere ich mich ja in keinster Weise negativ über andere Ernährungsgewohnheiten – wieso sollte ich auch, ich habe doch selbst jahrzehntelang so gegessen und auch heute noch bin ich nicht 100 % vegetarisch oder vegan. Eier vermisse ich auch, die esse ich nämlich, auch wenn ich nicht komplett vegan essen, gar nicht mehr. Aber es ist Gewohnheitssache.
Dogmen, da stimme ich dir absolut zu, sind immer sehr schwierig für mich und gerade, wenn dann andere anfangen, dass wiederum ihren Mitmenschen überzustülpen. Danke für dein Feedback! 🙂
Einen schönen Sonntag dir, meine Liebe!
Wonderful Fifty
Liebe Vanessa, ich finde es toll, dass du uns auch an deinen weiteren Erfahrungen teilhaben lässt. Wie du so schön angeführt hast, spielt der Veganismus in die verschiedensten Bereiche, aber ich denke, es ist super, wenn es sich teilweise realisieren lässt; es muss ja nicht alles auf einmal geändert und umgestellt werden. Es wäre meines Erachtens auch nicht wirklich sinnvoll und nachhaltig, jetzt alles zu entsorgen, weil es nicht vegan ist. Da ist es sicher sinnvoller, das vorhandene aufzubrauchen und dann nach und nach und in Abhängigkeit der Möglichkeit durch vegane Produkte zu ersetzen. Wir haben ja auch seit fünf Jahren eine Veganerin in der Familie und daher essen wir generell alle sehr oft zumindest vegetarisch und es fällt uns eigentlich nicht wirklich schwer. Natürlich darf es als Österreicher auch hin und wieder ein echtes Wiener Schnitzel sein, aber da es die Ausnahme ist, sehe ich das nicht so eng. Übrigens, tolle Fotos von dir mit dem Spargel – lass ihn dir noch gut schmecken.
Hab einen wunderbaren Abend und alles Liebe
Kulturblazer
Hi Gesa,
ich glaube auch, dass nach und nach umzustellen und zu schauen, was auch wirklich nachhaltig und langfristig umsetzbar ist, bringt den größten Erfolg. Ich weiß auch nicht, ob ich am Ende wirklich alles umstellen kann und möchte, aber das wird sich im Laufe der Zeit zeigen 🙂
Danke für die lieben Worte zu den Fotos, die Idee kam mir irgendwie spontan und ich finde tatsächlich, grüner Spargel ist sehr fotogen 🙂
Ganz herzliche Grüße!
Nicole
Ich finde es ja mittleweile ziemlich nervend, dass wir nur noch in einer Gesellschaft leben, wo komplette Perfektion in allen Bereichen gefordert wird. Man sieht das ja auch bei Fridays for Future, wo dann in den Medien und Sozialen Netzwerken angefangen wird, dass komplette Verhalten der Schüler, die demonstrieren zu hinterfrage und wehe sie sind nicht komplett umweltbewusst. Dumm nur, dass sowas oft das genaue Gegenteil bewirkt, als dafür zu sorgen, dass einige sich tatsächlich mit dem Thema beschäftigen und sich informieren. Mich zum Beispiel nervt das nur noch, deshalb finde ich deinen Beitrag so super, denn ich unterschreibe es vollkommen: Dass man etwas nicht sofort zu 100% perfekt machen kann, das widerspricht schon dem Leben selbst, wo es ja draum geht den eigenen Horizont zu erweitern, ständig dazu zu lernen und sich zu verbessern. Das gilt genauso in Bezug auf Ernährung und Umweltschutz wie in allen anderen Bereichen des Lebens. Ich bin an dieser Stelle nun auch ehrlich: Ganz ohne Fleisch könnte ich auch nicht. Ich esse es zwar in Maßen (sprich 1-2 Mal pro Woche), aber ab und an habe ich dann doch mal Lust auf eine Bratwurst beim Grillen oder ein Schnitzel mit Pommes und natürlich Hamburger :D. Was Milch anbelangt bin ich dann doch eher vegan unterwegs, weil ich ja unter laktoseintoleranz leide und ich bei veganen Kuchen und Kaffees natürlich ohne schlechtes Gewissen zuschlagen kann. Da hat sich bei mir auch viel verändert in den letzten Jahren. Bei der Kosmetik ist es bei mir hingegne noch ein Mix. Wie du habe ich leider Mischhaut und muss dann immer drauf achten, was bei mir am besten funktioniert. Da habe ich manche Dinge pflanzenbasiert, andere wohl aber eher nicht.
Dankeschön für dein liebes Kommentar Vanessa,
an historische Bücher habe ich mich, mit Ausnahme von Biografien, noch nicht wirklich rangewagt. Die einzige fiktionale Reihe die ich da bisher angefangen habe, ist „Outlander“, aktuelle schaue ich da noch vermehrt Filme und Serien. Keine Ahnung wieso. Gibt ja auch tolle Romane im Handel, die viele spannende Epochen behandeln. Ein paar stehen mittlerweile aber auch im Regal, da wartet zum Beispiel noch ein Roman über Jane Grey. Ich hoffe natürlich, dass mein zweiter Beitrag zu den Tudors dir gefällt.
Kulturblazer
Liebe Nicole,
absolut, du sprichst mir aus der Seele! Immer dieses „Ganz oder gar nicht“-Prinzip ist soo nervig und anstrengend – und überflüssig! Daher finde ich es auch so toll, wenn wir alle uns einfach gegenseitig unterstützen, in dem was wir tun und was sich auch für uns gut anfühlt! Jaa, Mischhaut ist ´ne feine Sache :-I Aber wenn man dann was hat, was funktioniert, ist man glücklich.
Biographien finde ich auch spannend, aber da ist es bei mir etwas andersherum: Ich habe mehr Romane aus dem Historik-Genre gelesen als Biographien. Daher fand ich deine Tipps über Anne Boleyn so spannend.
Viele Grüße!
Elisa
Liebe Vanessa,
total interessant und ich freue mich auch den zweiten Teil zu deinem „Experiment“ zu lesen! Ich finde es toll, wie du dir Mühe machst und es versuchst. Mit dem Veganuary hast du schon den ersten Schritt gemacht und hast gemerkt, dass es doch viel einfach zu integrieren ist als du dachtest. Und ich finde es super, wie du die Kosmetik nach und nach umstellen möchtest! Ich finde es zu krass, wenn Leute von heute auf morgen behaupten sie seien komplett vegan, denn das geht nicht. (wow sogar in Bananen?!) Der Weg ist das Ziel beschreibt es am Besten! Ich selber habe mich tatsächlich noch gar nicht soooo viel mit diesem Thema befasst, sollte es aber wahrscheinlich. Meine Schwester und meine Mama sind schon länger Vegetarier und versuchen auch „veganer“ zu werden, versuche verschiedene Rezepte und dadurch habe ich einen gewissen Einfluss. Durch die zwei habe ich schon einige Rezepte probiert, bei uns gibt es nur noch vegane Schokolade im Haus und ich finde, dass das alles sehr lecker schmeckt!
Vielleicht sollte auch ich mich näher mit diesem Thema befassen und herausfinden, wie es mir damit geht 🙂
Ich wünsche dir einen schönen Abend und bleib gesund meine Liebe, Elisa xx
Kulturblazer
Hi Elisa,
die Bananen-Story hat mich doch auch sehr überrascht 😀 Es wird alles zu seiner Zeit kommen, also stress dich nicht. Niemand „muss“ vegetarisch oder vegan essen, denn wenn man davon nicht überzeugt ist! Ich glaube, solange wir uns eines Themas oder einer Einstellung bewusst sind und bewusst entscheiden, ist alles gut. Ich habe mich ja auch die meisten Jahre meines Lebens überhaupt nicht mit Ernährung auseinander gesetzt. Meine Ernährung mit 16 war rückblickend die absolute Vollkatastrophe, mal abgesehen davon, dass ich max. 3 Gläser Cola am Tag getrunken habe und das war es 😀
Aber da waren mir andere Sachen einfach wichtiger. Alles hat seine Zeit.
Wie lange essen denn deine Mama und deine Schwester vegetarisch? Ich glaube, meine Mama und meine Schwestern werden eher in die Kategorie „Vegetarisch? Never“ fallen 😀
Vegane Schokolade finde ich auch richtig toll und es werden ja glücklicherweise nach und nach in allen Bereichen vegane Alternativen angeboten, das macht es dann auch für mich leichter. Ohne veganen Joghurt käme ich gar nicht mehr klar 😀
Liebe Grüße!
Hab einen schönen Sonntag und viele Grüße!